Eine schrecklich Urlaubsgeschichte

 

….. oder wie Uwe sagt – ein Horrorurlaub, Simone-Fraule berichtet:

Hinweis: Bitte nur lesen, wenn jemand auch gute Nerven hat.

Im Juli 2022 waren wir wieder unterwegs nach Fischbachau zum Ferienhaus Angela – ein Sehnsuchtsort von uns.

Fischbachau und sein Teilort ‚Birkenstein‘ liegen sehr idyllisch in der Nähe vom Schliersee.

Gerade der kleine Wallfahrtsort Birkenstein mit der Kapelle, den rauschenden Bächlein und natürlich dem wunderbaren Holz-Ferienhaus ‚Angela‘ ziehen uns immer wieder ‚magisch‘ an.

Dass wir dieses Mal unseren großen Collie Enyo nicht dabei haben würden, hätten wir nie gedacht. Erst acht Wochen zuvor mussten wir ihn gehen lassen, weil er nicht mehr aufstehen konnte. Er litt unter dem Cauda Equina Syndrom. Seine Nerven hinten wurden abgedrückt. Er kam einfach nicht mehr hoch.

Nun und dann hatten wir gerade eine Woche vor dem Urlaub einen kleinen Pomeranian – also Zwergspitz – zu uns von einer Pflegestelle geholt, der dringend hundeerfahrene Menschen suchte. Wir trauten uns das zu, aus dem kleinen Flegel Lenny einen normalen oder einigermaßen normalen Hund zu machen.

Die Woche zuhause war soweit ganz gut mit ihm gelaufen. Er hatte aber noch keine gute Bindung zu uns aufgebaut und wir stellten fest, dass er draußen oft auf alles und jeden losgehen wollte, vor allem aber auf andere Hunde. Aber gut, wir versuchten mal in unserer ‚Trick-Kiste‘ zu kramen und nahmen das Training indoor und outdoor mit ihm auf.

Leider hat er dann aber gleich am ersten Abend im Ferienhaus Angela mal selber ‚ausgepackt‘ und mich in die Hand gebissen. Aua, die ersten Zweifel und natürlich blutende Wunden waren da. Ich fragte mich, wann meine letzte Tetanusimpfung war. Bei der Überprüfung meines Impfpasses stellte ich dann fest, dass dies 2018 war und also noch genügend Schutz vorhanden war.

Am nächsten Tag, es war der Sonntag, telefonierten wir mit der Pflegestelle und mit unserer Hundefreundin Anita, die uns schon oft weiter helfen konnte. Gut, also weiter mit Lenny arbeiten. Keine Angst vor Bissen zeigen, gar nicht so einfach.

Das eigentliche Drama ereignete sich dann am Dienstag auf einem Spaziergang im Jenbachtal. Dort kann man wunderschön am Wasser entlanglaufen, die Hunde können immer wieder an und in den Bach. Wir waren sehr vorsichtig und vorausschauend mit Lenny und unserer Bande unterwegs, haben sofort angeleint und sind zur Seite, wenn Menschen und Hunde zu sehen waren.

Dann passierte das:

Auf dem Rückweg, kurz vor dem Info-Pavillon nahe dem Parkplatz 'Unteres Jenbachtal', raste auf dem kleinen Spazierweg unvermittelt ein augenscheinlicher sogenannter Listenhund oder eine Mischung davon (wir vermuten ein American Staffordshire Terrier, die Fellfarbe des Hundes war grau) auf uns zu. Ohne Kontaktaufnahme wie z.B. Schnüffeln biss er wie wild und unkontrolliert auf unseren Jamuk ein, welcher zu diesem Zeitpunkt neben mir vorne und angeleint war und nicht wirklich weglaufen konnte. Es wirkte wie, wenn er Jamuk töten wollte. Uwe stand mit ‚den Kleinen‘ hinter mir.

Als wir den Hund zum ersten Mal sahen, war er noch ca. 20 m entfernt. Einen Hundehalter*in sahen wir nicht.  

Wir riefen nach einem Hundebesitzer und versuchten, den Hund mit lautem Geschrei von seiner Beißerei abzubringen. Griffe nach dem Halsband und Tritte blieben erfolglos. Er setzte ständig nach, obwohl Jamuk sekundenweise von ihm wegkam.

Nach einiger Zeit hörten wir eine männliche Person nach dem Hund rufen, was aber nichts bewirkte. Auch kam der Mann zunächst nicht herbei. Das Hundegebrüll war aber nicht zu überhören. Jamuk schrie bestialisch. Aufgrund der wilden Herumbeißerei des grauen großen Hundes hatten wir um uns alle Todesangst.

Nach einer für uns einer gefühlten Unendlichkeit kam dann der Hundebesitzer gemächlich heran gelaufen und schaute sich die Situation untätig an. Erst als wir ihn aufforderten etwas zu tun, versuchte er seinen Hund am Halsband zu greifen. Dies gelang ihm aber zunächst nicht. Erst als Uwe den Hund am Halsband zu fassen bekam, konnte auch der Mann den Hund dort festhalten. Allerdings hatte sich der Hund zu diesem Zeitpunkt in der rechten Schulter von Jamuk verbissen und lies nicht mehr los. Nach einigen Sekunden brachten wir die Hunde endlich auseinander. Der Mann führte den Hund am Halsband (eine Leine sahen wir nicht) zu einer Stelle hinter einem Gebüsch, wo noch eine Frau lag. Dort hatten sich die Leute und der graue Hund wohl vor dem Hundeangriff aufgehalten. Im Jenbach selbst in unmittelbarer Nähe der Liegestelle der beiden Personen befand sich noch ein kleiner schwarzer Hund, der wohl aber auch zu den Beiden gehörte aber sich nicht an der Beißerei beteiligte.

 

Da nicht absehbar war, wie und ob Jamuk verletzt wurde, fotografierte Uwe den Personalausweis des Mannes um spätere Ansprüche geltend machen zu können.

Es fiel dann noch der ‚übliche‘ Satz ‚das hat er ja noch nie gemacht‘.

Bei einer augenscheinlichen kurzen Überprüfung von Jamuk an Ort und Stelle konnten wir auf die Schnelle keine schweren Verletzungen feststellen. Ich hatte aber Blut an der Hand.

Da es für uns so aussah, als ob der andere Hundebesitzer nicht in der Lage war, die Gefährlichkeit seines Hundes zu erfassen und ggf. entsprechend einzuwirken, wollten jetzt nur so schnell wie möglich diesen Ort verlassen. Mir zitterten die Knie, mir war speiübel. Nur weg von hier, dachte ich.

Als wir bei unserem Auto am Parkplatz eintrafen, schauten wir uns Jamuk näher an. Hierbei stellten wir fest, dass er mehrere blutende Bisswunden von dem Angriff erlitten hatte.

 

Zur Diagnose und Feststellung der Schwere der Verletzungen fuhren wir umgehend von dort in die Tierklinik ‚Tierspital am Schliersee‘. Gott sei Dank kann man heutzutage alles von unterwegs mit dem Handy recherchieren und anrufen.

Uwe ging mit Jamuk in die Tierklinik und ich wartete mit unseren anderen Hunden davor.

Bei der Untersuchung wurden mehrere so genannte Bisstaschen und Prellungen diagnostiziert und behandelt. Zur Abklärung, ob innere Verletzungen vorliegen, wurde auf Anraten der behandelnden Tierärztin eine Thorax-Röntgen-Untersuchung vorgenommen. Die Bisstaschen wurden gespült. Hierbei schrie Jamuk so erbärmlich und laut, dass ich das noch außerhalb der Tierklinik auf dem Parkplatz hörte.

 

Am nächsten Tag haben wir dann alles bei der Polizei angezeigt.

Ein solcher Hund darf an solchen Ausflugs-Orten niemals ohne Aufsicht, Leine und Maulkorb unterwegs sein. Unvorstellbar, wenn Jamuk kleiner oder alt gewesen wäre oder eine Familie mit Kindern sich dieses Drama hätte anschauen müssen.

Auch dem Landratsamt und der Stadt Rosenheim haben wir einen Bericht über den Vorfall übermittelt.  

Es kam aber noch schlimmer. Am nächsten Abend, am Mittwoch, ging es Hannah plötzlich schlecht. Das linke hintere Beinchen wollte nicht mehr. Dann krümmte sie den Rücken und jaulte bei einer Berührung. Deshalb fuhr Uwe gleich am Donnerstag früh wieder in das ‚Tierspital am Schliersee‘.

Dort wurde ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert. Der Tierarzt wollte sofort operieren, aber ehrlich, Hannah ist zwölfeinhalb Jahre alt gewesen. Wir werden die Tragödie um unsere kleine Cessy nie vergessen. Nach drei Operationen und Wochen in der Tierklinik blieben damals die Beine gelähmt und wir mussten sie trotz alledem einschläfern. So etwas konnten und wollten wir Hannah nicht antun. Schließlich kamen noch eine Cortison-Spritze und eine Schmerztherapie in Frage, es hätte damit umgehend ein wenig besser werden müssen. Wurde es aber nicht. Im Laufe der nächsten Stunden schritt die Lähmung weiter voran, Hannah starrte uns nur noch aus leeren Augen an.

Hannahs Zustand verschlechterte sich bis zum Nachmittag derart, dass sie dann im Tierspital eingeschläfert werden musste. Wir konnten mit dem von Schmerzen geplagten Omilein auch nicht nach Hause fahren, wir mussten sie sofort erlösen.

Für uns kann es durchaus so sein, dass während des Kampfes zwischen dem Angreiferhund und Jamuk sie sich in Panik am Halsband herumgewunden hat und dadurch ein Trauma erlitt. Nachweisen können wir das aber nicht.

Unsere kleine tapfere lustige Maus. Von einem Tag zum anderen weg. Am Tag zuvor war sie noch in Röhren und Bächle gehüpft. Unfassbar.

An jenem Donnerstag war es nicht ganz so heiß, wie an den anderen Tagen. Es kam nicht in Frage, unsere kleine tote Freundin mit zum Ferienhaus und dann nach Hause nehmen. So brachten wir sie nach Bad Tölz. Dort hatten wir einen Tierbestatter (Tiertrauer Wolf) gefunden, der am Telefon einen sehr netten und vertrauensvollen Eindruck machte. In dem kleinen Garten seines Betriebs- und Wohnhauses durften unsere anderen Hunde von ihrer kleinen Hundefreundin Abschied nehmen.

Es passierte uns dort anschließend beim Gassi erneut ein Schreckmoment.  Ein Kangal lief uns nach, dessen Frauli mit ihrem Handy kommunizierte anstatt mit ihrem Hund.  Der wiederum näherte sich uns und wollte sich auch wieder auf Jamuk stürzen. Es gelang uns, den Hund mit Brüllen und Gestiken zu vertreiben.

Ich war fix und fertig und zitterte am ganzen Leib.

Freitags sind wir mit Lenny, Lilli und Jamuk völlig demoralisiert von dem Ort heimgefahren, der uns sonst immer so verzaubert hat.

In der Folgewoche stellten wir fest, dass wir durch die dramatischen Ereignisse unsere Stabilität verloren hatten. Wir konnten Lenny nicht mehr so trainieren, wie wir uns das vorgestellt hatten und ihm die Korrekturen zukommen lassen, die er dringend bei jedem Gassi gebraucht hätte. Er drehte draußen immer mehr durch und wir gewannen das Gefühl, wir schaden ihm mehr, als ihm zu helfen. Da wir mit den Nerven so runter waren und auch Lilli und Jamuk immer verstörter wurden, trafen wir die schwere Entscheidung, das mit Lenny abzubrechen und ihn zu seiner Pflegestelle zurück zu bringen. Dort, so hoffen wir, kann er sicher nochmal einen besseren Start bekommen.

In zwei Monaten von vier Wauzis auf zwei, das ist hart.

Jamuks Wunden heilen gut ab, Gott sei Dank hat sich nichts entzündet. Wir finden beim Kraulen aber immer wieder neue Bissstellen am ganzen Körper. Wäre er nicht so ein stabiler und auch noch junger Hund, er hätte diesen Angriff sicher nicht überlebt.

Künftig werden wir mit Pfefferspray unterwegs sein, das vermittelt uns jedenfalls die Sicherheit, wir sind nicht mehr hilflos, wenn die Leute ihre Hunde nicht im Griff haben. In Gesprächen mit anderen Hundebesitzern haben wir mittlerweile erfahren, dass viele dieser auch ein Tierabwehrspray mit sich führen, um ihre Hunde gegen die vielen unerzogenen, gestörten und gefährlichen Hunde zu verteidigen.

Der Tierbestatter in Bad Tölz hat Kontakt zu unserem Tierbestatter ‚Die letzte Reise‘ in Fellbach  aufgenommen, dahin kommt jetzt unsere kleine Hannah. Von dort haben auch unsere anderen Fellnasen ihre letzte Reise angetreten. Wir können sie hoffentlich bald zu uns holen, ihre Asche in einem Urnenbilderrahmen. Die beiden Tierbestatter haben sehr gut miteinander kooperiert und waren sehr einfühlsam in den Gesprächen mit uns. Das ist wirklich beruhigend in so einer Situation. An dieser Stelle möchten wir uns bei Beiden nochmals recht herzlich bedanken.

 

‚Die Trauer hört niemals auf, sie wird ein Teil unseres Lebens.

Sie verändert sich und wir ändern uns mit ihr.‘

(Netzfund)