…. erzählt die Geschichte vom Ausgang einer der vielen Ausflüge unserer Yessi im Wald, die der Nachschau galten, ob sich noch alle Rehe und Hasen dort aufhielten, wo sie auch hingehörten. Die Geschichte kann die kleine Rauhhaarteckelhündin Yessi wohl am besten selbst erzählen, da sie die meiste Zeit alleine und ohne ihr Frauli oder Herrli unterwegs war.

 



…. es war der September 1995, das Wetter super schön - nur mein Herrli war dauernd verschwunden. Ich, die kleine Yessi, fragte mich des Öfteren, wo ist er denn jetzt schon wieder. Ich war gerade 2 ½ Jahre alt und meiner Meinung nach im besten Alter etwas draußen zu erleben, neue Hundekumpels kennen zu lernen und vor allen Dingen die Gegend zu erkunden. Ich lebte damals mit meinem besten Hundekumpel Vasco, einem bildhübschen 12-jährigen Deutschen Schäferhund, in einem Rudel. An den konnte man sich immer toll rankuscheln und beschützt hat er mich auch. Da kann man selbst als kleiner Teckel mal  ´ne größere Schnauze riskieren, ohne gleich unter die Räder zu kommen.

 

Ja – ich schweife von der Geschichte ab. Wo war denn nun mein Herrli dauernd. Dies wollte ich dann doch irgendwann wissen und war hundefroh, als Frauli eines Tages sagte:

„So jetzt gehen wir zum Herrli.“
Und schon ging es los. Vasco und mir die Halsbänder angezogen, die Leinen angelegt und raus auf die Straße. Erst am Wald entlang, dann durch ein Wohngebiet und anschließend durch die Weinberge. Angrenzend an diese Weinberge befand sich wieder ein Wald. Diesen kannte ich aber noch gar nicht. Und hier sollte sich vielleicht mein Herrli aufhalten. In diesem großen dunklen Wald und das ohne seine kleine Teckelmaus.
Gerade kam mir in den Sinn, die Gegend alleine zu erkunden, als ich in diesem Vorhaben sogar noch Unterstützung in Form eines kleinen Rehleins fand. Das Rehlein sprang vor uns über den Waldweg und rief mir zu: „Komm doch mal mit“. Dies ließ ich mir natürlich nicht zweimal sagen. Frauli und Vasco haben das vermutlich nicht gehört oder sie kannten die Rehsprache einfach nicht. Frauli schrie und hüpfte wie ein Rumpelstilzchen auf der Stelle, das sah ich aber schon nicht mehr. Sie und Vasco waren auf jeden Fall plötzlich verschwunden und ich mit meinem neuen Rehkumpel alleine im Wald unterwegs. Das war trotzdem lustig. Berg rauf – Berg runter, Bächlein gequert, zwei Häslein kurz zugewunken, denn ich hatte ja keine Zeit, da mein Rehkumpel ganz schön flott unterwegs war.

 

Irgendwann ging mir aber die Puste aus und ich dachte, so - von dem Wald hast du aber auf die Schnelle genug gesehen. Ich begann nun mit der Suche nach meinem Frauli und Vasco. Erwähnen muss ich noch, dass ich zwar fast den ganzen Wald gesehen hatte, aber nirgendwo auch nur die kleinste Spur von meinem Herrli zu finden war.
Ich rannte also so schnell ich konnte an die Stelle, an der ich mein Frauli und Vasco hatte stehen lassen. Aber dort war niemand mehr – blöd! Was sollte ich kleines Teckelchen jetzt bloß machen? Ach ja – Herrli hatte mit mir ja die Teckelbegleithundeprüfung bestanden und dort war eine Aufgabe die Fährte vom Herrli zu verfolgen und ihn zu finden. Da ich das damals so hervorragend gemeistert hatte, konnte ja nichts mehr schief gehen. Also die Spur von Frauli und Vasco aufgenommen und los ging es – immer tiefer in den Wald. Das war mir dann doch zu unheimlich, so dass ich beschloss umzudrehen und wieder nach Hause zu laufen. Dies war ja nicht schwer, ich musste immer nur meiner eigenen Fährte folgen.

Gesagt – getan. Zunächst wieder zurück durch den Wald, dann kamen die Weinberge

und das Wohngebiet. Im Wohngebiet lag aber eine Bundesstraße die ich überqueren

musste. Beim Herweg war das ja kein Problem, da hatte Frauli die Taste der Ampel

gedrückt und wir sind einfach bei Grün für die Fußgänger rüber gelaufen.
Nun stand ich an der Ampel und wusste nicht wie ich kleines Teckelchen an den Drücker kommen sollte. Da kam mir die Idee - heimlich einfach so über die Straße zu laufen. Ich schaute nach rechts und schaute nach links, nirgends ein Auto, also nichts wie rüber. Aber plötzlich quietschte es schon neben mir und ein Auto konnte gerade noch rechtzeitig anhalten. Hoppla, hatte ich da was übersehen? Und wie aus dem Nichts kam dann auch noch eine junge Frau auf dem Gehweg entlang gelaufen. Sie versuchte mich einzufangen. MICH - einen Rauhhaarteckel auf Erkundungstour. Nein, so einfach ging das nicht. Nun setzte die junge Frau aber eine kleine Hinterlist ein. Ich weiß nicht, ob sie wusste, wie verfressen und hungrig ich war, aber sie packte ihr Vesperbrot aus und da konnte ich einfach nicht widerstehen. Das Brot war so lecker und ich durch die viele Rennerei fix und fertig,

so dass ich das Angebot von ihr annahm, sie nach Hause zu begleiten. Ja – da war ich noch froh sie getroffen zu haben. Aber was nun aber passierte, war gar nicht in meinem Sinn.

 

In ihrer Wohnung lebte eine Katze. Und wer mich kannte – ich liebte Katzen – sprich ich hatte sie zum Fressen gern. Die junge Frau stellte schnell fest, dass das mit mir und ihrer Katze nicht ‚ohne Verluste‘ über die Bühne gehen würde. Sie hätte mich doch jetzt einfach wieder auf die Straße setzen können und ich hätte meinen Weg nach Hause fortgesetzt. Aber nein – was machte die „blöde Kuh“ (diese Einstellung hatte ich zu diesem Zeitpunkt ihr gegenüber), sie rief beim Tierheim an. Diese gaben ihr die Auskunft, dass man mich dort gleich vorbeibringen könne. ICH – und ich wiederhole - ICH – im Tierheim, das durfte und das konnte doch nicht sein.
Aber was sollte so ein kleines Teckelchen gegen eine junge kräftige Frau ausrichten. Da ich ja gut erzogen war, hatte ich mich in mein Schicksal ergeben. Die Frau verbrachte mich in ihren Pkw und ab ins Tierheim. Dort angekommen hatte ich aber meine helle Freude. Da die Mitarbeiter sofort mein Halsband inspizierten und sahen, dass alle Impfungen vorhanden waren und ich auch sonst einen gepflegten Eindruck machte, musste ich nicht in Quarantäne.  Ich durfte die Nacht über im Büro auf der Couch schlafen.

Dies war für mich gerade gut genug, denn zu Hause schlief ich natürlich im Bett. Nicht auszudenken, ich hätte in einer Box auf dem Boden schlafen müssen!

 

Wie ich so auf der Couch lag, traf mich dann aber fast der Schlag und ich begann leicht zu zittern. Die Mitarbeiterinnen sprachen untereinander wohl über mich und eine sagte etwas von „wenn die nicht abgeholt wird, dann nehm ich sie“. Was meinten die mit „hier nicht abgeholt wird“? Herrli und Frauli brauchten mich doch und ganz abgesehen davon, Vasco wäre das Herz gebrochen, wenn er mich, seine kleine Teckelmaus, verloren hätte. Unter diesen Eindrücken schlief ich ganz erschöpft ein.

 

Was ich nicht wusste war, dass während ich selig auf der Couch schlief, Herrli und Frauli, sowie sämtliche Nachbarn die ganze Nacht nach mir suchten. Sie legten im Wald an der Stelle, wo wir das Rehlein getroffen hatten, eine Decke hin. Fuhren mit dem Auto mehrfach durch den Wald. Einer bezog sogar Posten an der Eingangstür zu Hause.

 

Am nächsten Morgen wurde ich durch ein schrilles Klingeln des Telefons geweckt. Ich hatte total verschlafen und gar nicht mitbekommen, dass bereits eine Mitarbeiterin im Büro arbeitete. Die Mitarbeiterin sagte ins Telefon: „Ja – so ein Teckel wurde hier gestern abgegeben.“ Dann sagte wohl die Person am anderen Ende etwas und daraufhin antwortete die Mitarbeiterin: „Bis gleich.“
Die Frage, die ich mir sofort gestellt hatte, als ich aufgewacht war:

„Wie komme ich wieder nach Hause?“

 

Aber plötzlich ging die Tür des Büros auf und Frauli kam rein. Ich war so froh, dass ich vor Freude laut gewinselt habe und wie verrückt auf das Frauli zusprang. Ich glaube wir hatten beide Freudentränen in den Augen. Frauli nahm mich hoch und drückte mich ganz fest an sich. Hätte ich nicht so kurze Dackelbeine gehabt, ich hätte sie auch gedrückt. So blieb mir aber nichts anderes übrig, als ihr ganz wild mit meiner langen Zunge das Gesicht abzulecken und ihr damit meine Freude zu zeigen.

 

Was nun kam, war meiner Meinung nach eine Frechheit. Man verlangte im Tierheim für die Übernachtung 40 Mark und das ohne Frühstück, also quasi nur für das Liegen auf der Couch. Wenn ich das vorher gewusst hätte, dann hätte ich auch in einem Hotel übernachten können. Frauli war scheinbar nur froh, dass ich das Abenteuer unbeschadet überstanden hatte und bezahlte ohne Murren - aber überglücklich.

 

Wir, also Frauli und ich, nichts wie aus dem Tierheim raus und dann durfte ich zu meinem Vasco in das Heck unseres Kombis. Die Freude war beiderseits riesig. Ich kuschelte mich sofort an ihn und wusste, jetzt wird wieder alles gut.
Wir fuhren nun ca. 15 Minuten und stiegen an einer mir fremden Örtlichkeit aus. Dieses Mal unternahm ich aber keine Erkundungstour, ich war von der Letzten noch etwas ermattet.
Aber welchen Duft hatte ich denn jetzt plötzlich in der Nase? Juhu - es roch nach Herrli. Endlich – dachte ich, werde ich erfahren, wo sich Herrli die ganze Zeit rumgetrieben hat. Wir gingen in ein mir fremdes Haus und dort in die Erdgeschosswohnung. Wir kamen rein - da stand er dann – mein Herrli. In Arbeitsklamotten und mit einer Höllenmaschine zum Schlitzeklopfen in der Hand. Diese hat er aber als ich rein kam sofort weggelegt und mich auch, wie zuvor schon das Frauli, hochgenommen und ganz arg an sich gedrückt. Ich glaube, ich habe auch bei ihm „Wasser in den Augen“ gesehen und das kam bestimmt nicht vom Staub beim Schlitzeklopfen.

 

Der jungen Frau, die mich gefunden und ins Tierheim verfrachtet hatte, wurde von Herrli und Frauli ein Gutschein für einen Drogeriemarkt geschenkt. Das konnte ich gar nicht verstehen. Da wurde jemand dafür belohnt, dass er MICH und auch hier wiederhole ich MICH ins Tierheim gesteckt hatte. – Unglaublich -

 

Ca. 4 Wochen später sind wir dann in diese neue Wohnung umgezogen und ich hatte 10 Jahre Zeit den großen dunklen Wald bis in seine kleinsten Ecken kennen zu lernen. Das Rehlein sah ich ab und an wieder und wir machten zusammen manchen kleinen Ausflug. Aber im Tierheim bin ich Gott sei Dank nie mehr gelandet.